Carola Brackrock

Zur Ausstellung „Zarte Kraft“ Galerie Noran •  Lübeck

Die Bildwelt der Hamburger Künstlerin Carola Brackrock ist optischer Erlebnisraum. Sie ist zum einen Erschließung des Gegensatzes von Transparenz und Materialität, zum anderen geht es um Transparenz und Versinnlichung: Zarteste Feinheit, in ihrer Ausstrahlung kraftvolle Eleganz. Brackrocks Augenmerk gilt der Qualität ästhetischer Erfahrung und ihrer Bedeutung für geistige Erkenntnisprozesse, wobei neue formale Lösungen nie allein auf Anfangsfaszination zurückzuführen sind. Technisch gesehen ist Brackrocks besonderer Verdienst – vielleicht – die Gestaltungsgrenzen zwischen Malerei und Fotografie füreinander durchlässig zu machen. Formal gesehen geht es ihr um Form und Nicht-mehr-Form und um neue Überlegungen hinsichtlich der Konzeption des Raumes.

Die Kunst der Carola Brackrock atmet den Geist konzentrierter Spontaneität. Durch Versenkung in den Gegenstand, die nichts dahinter sucht und nichts als ihn selbst aussprechen will, gewinnt die Künstlerin eine Sicherheit, die unabhängig ist vom Urteil anderer. Ihre Arbeiten sind Gegenkraft gegen die Automatisierung der Wahrnehmung. Dingen, denen wir qua Gewöhnung keine Beachtung mehr schenken, die Empfindung des Lebendigen wiederzugeben, und zwar als neues Sehen, nicht als Wiedererkennen – ist eine der Wirkweisen der Brackrock-Bilder. Jedes ist eine Andeutung, die den Betrachter veranlassen soll, aus eigenem Vermögen, etwas hinzuzutun, das Bild in seiner Vorstellung zu ergänzen. Einbildungskraft und Gefühl des Sehenden sind gefordert. Das schlichteste, einfachste Mittel der Darstellung zeigt die äußerste Konzentration. Östlicher Philosophie gilt es, die Illusionen der Welt und ihres Hochmutes zu durchschauen. Aber Vorsicht: wer alles durchschaut, sieht gar nichts mehr. Soweit wollen wir es nicht kommen lassen.

Angelika W. J. la Roche
Kunsthistorikerin/Galeristin 10/2004